Höchstes Gut Klopapier: Dafür wird es tatsächlich genutzt
Klopapier – wer hätte gedacht, dass sich dies einmal zum höchsten Luxusgut der modernen Geschichte entwickeln würde. Seit Wochen herrscht in deutschen Supermärkten gähnende Leere in den Regalen, in denen einst Rolle um Rolle gestapelt war. Doch nicht nur in Deutschland, weltweit hat sich der mehrlagige Zelluloseartikel zum heiß begehrten Einkaufsinhalt während der aktuellen Krisenzeit entwickelt. Da das Coronavirus aber nicht für eine Darmerkrankung oder vermehrten Stuhlgang sorgt, fragen sich rational denkende Menschen zurecht: „Was zur Hölle treiben die alle mit so viel Klopapier?“ Ich, Sherlock Lauch, habe wochenlang das Verhalten, die kognitiven Fähigkeiten sowie die Nutzintention der sogenannten Hamsterkäufer erforscht und daraus einige gesellschaftlich wie empirisch wertvolle Erkenntnisse gesammelt. Eine Befragung (natürlich mit genügend Abstand) hier, eine Umfrage dort. Die daraus resultierten Ergebnisse möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Der Kalorien-Relativierer
Durch meine Forschung habe ich drei verschiedene Nutzertypen identifizieren können. Der erste lässt sich als Kalorien-Relativierer bezeichnen. Er neigt in Krisenzeiten dazu, deutlich mehr Nahrung zu sich zu nehmen, als er verbraucht, was wohl dem generellen Herunterfahren des Aktivitätenlevels während einer solchen Krise geschuldet ist. Um die erhöhte Kalorienaufnahme zu relativieren, hat sich der Kalorien-Relativierer, ausgefuchst wie er ist, auf die Suche nach kalorienarmen Ersatzprodukten begeben. Im World Wide Web ist er schließlich auf die Nährwerte von Klopapier gestoßen, dessen Kalorienanzahl bei sage und schreibe 0 liegt. Die völlig logische Schlussfolgerung ist also, dass er seine Zwischenmahlzeiten, die zuvor aus Pudding, Eis oder Schokolade bestanden, durch das kalorienlose Klopapier ersetzt. Um während der Coronakrise nicht zu verhungern und natürlich nicht drastisch zuzunehmen, hat er sich einen Essensvorrat an Klopapier zugelegt, der natürlich um das Klopapier erweitert wird, das seinem eigentlichen Zweck dient. Genial, oder?
Der Immobilienvisionär
Der zweite Nutzertyp ist der Immobilienvisionär, der laufend auf der Suche nach Wertanlagen ist. Der Wert von Immobilien steigt beinahe exponentiell; so auch der des Klopapiers. Der raffinierte Immobilienvisionär hat 1 und 1 zusammengezählt und sammelt nun Klopapier in unterschiedlichen Ausführungen, um daraus die Immobilien der Zukunft zu bauen. Der Clou: Wenn sowohl der Wert von Immobilien als auch der von Klopapier steigt, sind seine Immobilien doppelt so viel wert und sorgen so für eine gute Vermögensanlage. Seit Beginn der Corona-Pandemie ist zudem das Wetter konstant trocken und sonnig, es gibt kaum Regen und somit laufen die Klopapierimmobilien nicht Gefahr, durch einen möglichen Regenschauer zu Matsch zu zerfallen. Dass das Wetter früher oder später wieder umschwingt, verdrängt der Immobilienvisionär gerne. Er hält seine Klopapierhäuschen für nachhaltige und bleibende Wertanlagen – zumindest bis zum nächsten Regenschauer.
Der Krisenmitläufer
Dieser Nutzertyp ist der am häufigsten auftretende: Es handelt sich um den Krisenmitläufer. Nachdem nun also bereits zwei Gruppen dabei beobachtet wurden, eine Vielzahl an Klopapierpackungen aus den Supermärkten und Drogerien zu tragen, gerät der Krisenmitläufer zunehmend in Panik und adaptiert das Kaufverhalten seiner Mitbürger – ohne jedoch zu wissen, was er mit all dem Klopapier tun soll. Aber natürlich ist in erster Linie wichtig, etwas zu haben, und nicht, etwas zu brauchen. Denn sobald er herausfindet, was seine Mitbürger mit ihren Errungenschaften machen, kann er sich glücklich schätzen, dass er Tonnen von Klopapier gesammelt hat, um es ihnen gleich zu tun. Während die anderen beiden Nutzertypen aber höchst nachhaltige und effiziente Ziele damit verfolgen, übersteigt es die kognitiven Fähigkeiten des Krisenmitläufers, einen adäquaten Einsatz des Zelluloseartikels zu finden. So türmen sich die Papierrollen in den Wohnungen und warten vergeblich auf einen baldigen Einsatz. Da aber ja jeder Mensch ein gewisses Grundbedürfnis hat, möchte ich all die Krisenmitläufer bereits zukünftig beglückwünschen, wenn es heißt: „Wir schreiben das Jahr 2054, Familie Mustermann ist kurz davor, die letzte im Jahr 2020 gekaufte Rolle Klopapier anzubrechen. Die Welt stockt den Atem, die Spannung steigt, Adrenalin strömt durch die Adern, als es endlich passiert. Es ist passiert! Die Menge klatscht und jubelt, Begeisterung liegt in der Luft, Familie Mustermann hat soeben den Weltrekord für die am längsten haltende Sammlung Klopapier aufgestellt.“
Und, mit welchem Nutzertypen identifiziert ihr euch?